Der Schleuderbetonmast und was ihn ausmacht

Seit den 1990er-Jahren stellt FUCHS Europoles spezielle Maste aus vorgespanntem Schleuderbeton für den Bahnverkehr her. Diese C-Maste sind so optimiert, dass sie mit 30 Prozent weniger Material produziert werden können als ihre Vorgänger: sie sind leichter und günstiger im Preis, einfach zu transportieren und unkompliziert aufzubauen. Dafür sind sie strömungsstabil, korrosionsresistent, langlebig und wartungsfrei. Die Deutsche Bahn (DB) ist zufrieden.

Das ABC der Betonmaste

Bereits Ende der 1980er-Jahre, zu Zeiten der Deutschen Einheit, bittet die Deutsche Bahn FUCHS Europoles um Zusammenarbeit: Neue Maste für den Nah- und Fernverkehr sollen den erhöhten Anforderungen bezüglich Flexibilität bei gleichzeitiger Kostenoptimierung genügen. Die bis dato verwendeten B-Maste aus dem Jahr 1974, entwickelt von der DB selbst, sowie deren verbesserte neue B-Maste (NB-Maste) waren nicht auf Hochgeschwindigkeit ausgelegt und entsprachen auch sonst nicht mehr den aktuellen Normen: insbesondere hielten sie den extremen Luftverwirbelungen und Vibrationen eines vorbeifahrenden ICEs nicht stand. In einem Kooperationsprojekt mit der Firma Siemens entwickelt FUCHS Europoles daraufhin das C-Mast-System.

Planen und Berechnen im Haus

FUCHS Europoles verfügt über eine eigene technische Abteilung, in der Planer, Techniker und Statiker sitzen, die auch „schnell mal was Neues“ konstruieren, berechnen und zeichnen können – und zwar gemäß aktuellen Standards und Normen. So auch in diesem Fall: vorgespannte Schleuderbetonmasten von FUCHS Europoles, die so stabil sind, dass sie die gewaltigen Luftströmungen aushalten, die bei einem mit 330 Stundenkilometern vorbeirasenden Hochgeschwindigkeitszug entstehen. Die Besonderheit dabei: Die Maste sind steif und schwingen nach dem Passieren des Zuges nicht nach.

Vorgespannter Schleuderbeton – unbrechbar

Maßgeschneiderte Armierungskörbe und Stahlseile, die vor dem Schleudern in die Mastform gespannt werden, erhöhen die Stabilität der Maste; gleichzeitig reduzieren sie das benötigte Material und damit Kosten. Außerdem entfallen bei den neuen Trägern für die Oberleitungen Korrosionsschutz, Wartung und Instandhaltung, da die Oberfläche durch das Schleuderverfahren porenfrei und glatt ist. Frost oder verschmutzte Luft sind kein Thema mehr. Auch aufwändige Fundamentarbeiten entfallen: In spezielle Rammrohrgründungen bis maximal 75 Zentimeter Tiefe können die Maste sofort unkompliziert eingestellt werden. Die zwischen 7 und 16 Meter hohen Betonmaste für Oberleitungen werden in einem Stück gefertigt und können mühelos per LKW transportiert und mit einem Kran aufgestellt werden. Die Betonpreise sind seit Jahren stabil; das gibt Planungssicherheit.

Zeit- und Kostenersparnis der C-Maste sind somit unschlagbar – sie sind bis zu 30 Prozent günstiger und leichter als ihre Vorgänger. Wog ein NB-Mast rund 1,4 Tonnen, liegt ein vergleichbarer C-Mast bei einer Tonne. Das hat auch die Deutsche Bahn überzeugt, die die Maste seit vielen Jahren bei FUCHS Europoles bestellt.

„Wir haben es geschafft, durch Serieneffekte in der Produktion, die Masten auf drei Typen zu reduzieren.
Auch logistisch sind wir gut aufgestellt. Wir lassen uns Zeit für die Planung und haben später weniger Aufwand bei der Produktion; dadurch sind wir zeit- und kosteneffizienter geworden.″ 

Jurate Narakaite

Projektleiterin für Oberleitungsmasten, FUCHS Europoles GmbH

Schnell zur WM

Im WM-Jahr 2006 wird auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Nürnberg und Ingolstadt eine der bedeutendsten Bahnstrecken Deutschlands mit Oberleitungsmasten von FUCHS Europoles bestückt: An dem 60 Kilometer langen Abschnitt werden 1200 Maste aufgestellt. Pünktlich zum Eröffnungsspiel wird der Streckenabschnitt in Betrieb genommen.

Verkehrsprojekt Deutsche Einheit

Der Streckenabschnitt ist Teil eines groß angelegten Verkehrsprojekts, das kurz nach der Wende initiiert wurde und die beiden Teile Deutschlands auch öffentlich verbinden soll: das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE). Über das VDE wird seit den 1990er-Jahren sukzessive die Strecke von München nach Berlin mit Hochgeschwindigkeitsstrecken ausgebaut. Ab dem Jahr 2011 wird ein weiterer Abschnitt der Nord-Süd-Achse von FUCHS Europoles mit Masten bestückt: Zwischen Erfurt und Ilmenau werden 3000 Maste aufgestellt; Ende 2017 wird die Strecke abgenommen: „Die Maste wurden zum Teil schon vor einigen Jahren aufgestellt“, sagt Jurate Narakaite, die Projektleiterin für Oberleitungsmaste bei FUCHS Europoles. „Nun werden sie mit Leitungen bestückt und gehen dann in Betrieb.“ 

FUCHS Europoles bietet nachhaltigen Service

Inzwischen haben sich allerdings die Normen verändert, sodass das Bahnunternehmen erneut auf FUCHS Europoles zukommt und berechnen lässt, ob die bestehenden Maste für die inzwischen gestiegenen Qualitätsanforderungen und vergrößerten Nutzlasten noch ausreichen. FUCHS Europoles als langjähriger und zuverlässiger Dienstleister lässt von seinen hauseigenen Statikern neu berechnen und kann beruhigen: Die bestehenden Maste tragen problemlos auch die höheren Nutzlasten und müssen nicht getauscht werden.

Die Standardmasttypen können mit jeglichen Anbauteilen bestückt werden; direkt eingeschleuderte Gewindebuchsen und Durchgangslöcher lassen später mühelos Anbauteile wie Ausleger oder Rückspanneinrichtungen befestigen.

Prozesse optimieren – 30 Maste pro Tag

Bei der Strecke Erfurt – Ilmenau wird dann sogar von zwei Enden her aufgebaut. Die Organisation mit der Projektleitung der Baustelle funktioniert einwandfrei: Ein Baustellenzug verteilt die Maste von vorher eingerichteten Lagern entlang der Gleise an ihre Standorte; an Ort und Stelle werden sie per Seil und Kran in die Gründungen gestellt und verkeilt – fertig. „Wir konnten bis zu 30 Maste pro Tag stellen“, erinnert sich die Projektleiterin.

Schöne Aussichten für „Zug-Vögel“

Ähnlich wie bei Strommasten wird auch bei den innovativen Oberleitungsmasten der Vogelschutz berücksichtigt. Denn die stärkeren Luftströmungen wehen nicht spurlos an den großen Greifvögeln vorüber, die die Maste gerne als Ausguck verwenden. Vielmehr können die erzeugten Verwirbelungen deren Flügel auf die Leitungen drücken. Bei entsprechend großer Flügelspannweite würden im Ernstfall zwei Phasen überbrückt, was einen Stromschlag zur Folge hätte. Das wird verhindert, indem der Abstand zwischen Ausleger und Mastzopf verlängert wurde. Bussard, Milan & Co. haben ihren Ansitzplatz nun einfach ein gutes Stück oberhalb der Oberleitungen: dort, wo der Luftzug nicht mehr so stark ist. Der nächste ICE kann kommen.

Technische Daten

Standort: Nürnberg, Bayern und Erfurt, Thüringen
Ausführungszeit: 2001 bis 2005, 2011 bis 2017
Leistungsumfang:

  • Projekt 1: 1200 C-Maste
  • Projekt 2: 3000 C-Maste
  • Material: vorgespannter Schleuderbeton; Betonqualität C80/95; rund-konisch
  • Höhen: 8 - 16,25 m
  • Durchmesser Fuß: 310 - 580 mm; Zopf: 167,5 - 370 mm
  • Gewicht: 0,8 – 4,5 t
  • Gründung: Großrohrgründung (Rammrohrgründung)

Kunde: Deutsche Bahn

Projekt 1: Streckenausbau Nürnberg - Ingolstadt

Projekt 2: Streckenausbau Erfurt - Ingolstadt